„Persönliche Komfort Systeme“ – die eierlegende Wollmilchsau der Büroklimatisierung?

Dass die Automobilindustrie der Baubranche in Sachen Innovation weit voraus ist, ist nichts neues. Warum also nicht mal über den eigenen Tellerrand schauen, zu den Innovationsvorreitern hinüberlinsen und heimlich ein bisschen abschreiben?! – Bleibt nur zu beachten, dabei nicht auch die Fehler zu übernehmen, wie beispielsweise die Praxis, gefälschte Emmisionszahlen zu generieren 😜.

Diese Idee ist auch im Immobiliensektor nicht neu, zumindest in der Forschungswelt. International verfolgen mehrere Forschungsinstitutionen die Idee der „Persönlichen Komfort Systeme” (PKS) seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Kernelemente der PKS sind Sitzheizungen und Kühlung durch leichte Luftbewegung. In Deutschland setzt sich beispielsweise Sumee Park am Fraunhofer Institut intensiv mit der Bewertung des thermischen Komforts (hier wieder vorwiegend im Automobil) auseinander. Die ersten Erkenntnisse lassen das Herz eines jeden Bauherren höherschlagen: reduzierter Energieverbrauch bei höherem Komfort ist möglich! Nach ersten Berechnungen der SBIF könnten bei Bürogebäude sogar die Investitionskosten sinken.

Für alle diejenigen, die jetzt stutzen und sich wundern, warum man so enthusiastisch reagieren sollte, hier ein paar Hintergründe:

Energieeinsparung ist nicht erst “cool”, seitdem das Thema ESG trendy wurde – und auch nicht erst seit der Explosion der Energiepreise 2022 unumgänglich, um liquide zu bleiben; ganz nebenbei hilft sie uns ein ganzes Stück dabei, den Planeten vor der Überhitzung #GlobalWarming zu schützen (Duh!)*.
*Das PKS-Konzept ist wohlgemerkt nur ein kleiner Schritt, um weniger Energie zu verbrauchen und ist somit eher als “weniger schlecht”, anstatt als “umweltfreundlich” oder gar als “klimarettend”, zu betrachten.

Warum aber ist ein erhöhter Individualkomfort nun auch für die Bürowelt so toll? Aktuell sind Temperaturzonen aus energetischen Gründen nur für geschlossene bzw. große Flächen erlaubt. Dies führt nicht selten gerade in Großraumbüros dazu, dass Kolleg:in A das Fenster aufmacht, während Kolleg:in B die Heizung aufdreht, um zu kompensieren. Energetisch gesehen eine Todsünde, die drakonische Maßnahmen verdient 😜. Es wäre also vorteilhaft, wenn jede:r sein/ihr eigenes Klima beeinflussen könnte, ohne dabei das Klima der Kolleg:innen zu beeinflussen.

Um dies mit den aktuellen Regeln der Technik umzusetzen wären Temperaturzonen auf Arbeitsplatzgröße nötig und ein kolossaler Berg an Versorgungstechnik im Büro wäre nötig. Dies zu realisieren, treibt wiederum die Investmentkosten und damit einhergehend später die Mietkosten in die Höhe.

Einer Studie* der Barkeley Universität zufolge ließen sich durch wärmende PKS-Geräte bis zu 20% Heizenergie(-kosten) sparen, indem die Raumtemperatur übergreifend gesenkt und stabil gehalten wird, während gleichzeitig die letzten Komfortgrade individuell je Arbeitsplatz nachgeliefert würden. Kühlende PKS-Systeme könnten bis zu 30% Kühlenergie(-kosten) sparen. Hierzu kämen Sitzheizungen & -kühlung, Fuß- und Handwärmer sowie Tischventilatoren zum Einsatz, die mittels Strahlungswärme und Verdunstungskälte die wahrgenommene Temperatur verändern. *Berkeley Studie

Angepasst auf mitteleuropäisches Klima ergeben sich theoretische Einsparungen von ca. 15% Heiz- und 30% Kühlenergie, wie Berechnungen der SBIF zeigen.

Aktuell ist diese Technologie nur in der Automobilindustrie getestet und hat sich dort auch bewährt. Im Büroalltag bedarf es in diesem Feld noch praktischer Untersuchungen. Genau dies hat sich die Smart Building Innovation Foundation (SBIF) mit ihren Förderern vorgenommen. Es soll ein “Proof of Concept Prototyp” geschaffen und dieser mit echten Menschen im Büro getestet werden. Die Vorteile sind zu verführerisch, um unbeachtet in irgendeiner Schublade zu verschwinden.

Danke Thomas Kirmayr vom Fraunhofer Institut für die Verknüpfung mit Sumee Park, Robin Meier von der UBM für deine proaktive Rolle bei der Entwicklung von Prototypen und bei Sumee Park für den großartigen Input und die hilfreichen Wegweiser.

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